Liaision von Abstraktion und Figuration
David Schnell, Acryl auf Leinwand, 2005, Galerie Eigen + Art
David Schnell gehört zu den Protagonisten der viel gelobten, aber inzwischen auch oft gescholtenen "Neuen Leipziger Schule". Was ihn auszeichnet, ist sein experimenteller Umgang mit dem Medium Malerei. Jedes Sujet gerät bei ihm in Bewegung oder sogar zur Implosion. Egal ob es sich um Landschaftsmotive, surrealistische Cyberräume oder blosse Computerscreens handelt, es werden immer mehrere Fluchtpunkte und Bildebenen miteinander verschachtelt. Obwohl David Schnell an der Zentralperspektive festhält und mit ihr für die Interpretation des Bildes eine Blickrichtung vorgibt, wird die Bildfläche architektonisch aufgelöst. Seine Bilder geraten während der Betrachtung in Bewegung, so dass an eine fest gefügte Ordnung von Raum und Zeit nicht mehr zu denken ist. Diese Wirkung wird vor allem durch das Stakkato von konstruktivistischen Übermalungen, durch gegensätzliche Sujets und nicht zuletzt durch malerisches Handwerk erreicht.
Im Gegensatz zum surrealen Verklärer Neo Rauch sucht Schnell nach einer zeitgenössischen Form der Darstellung von Lebens- räumen auf der Fläche. Wenn bei ihm Abstraktion und nüchterne Illusionsmalerei eine Liaison eingehen, wird deutlich, dass der Paradigmenwechsel einer digitale Kultur nicht ohne analoge Tradition zu haben ist. Oder dass der überzeugende gestische Pinselstrich einer heute wieder heraufbeschworenen Bildmalerei ohne die Ästhetik elektronischer Medien ins Leere läuft.
Kunstforum - 10. Sep, 01:04